StartseiteModul St. LouisPhase 2: KleingruppenAB: Gruppe 3

Arbeitsblatt: Gruppe 3 - Kubanische Perspektiven

Anleitung

Lesen Sie den Bericht des US-Amerikanischen Konsuls in Havanna zu den europäischen Flüchtlingen auf Kuba vom 17. März 1939. Welche Argumente führte die kubanische Regierung als Rechtfertigung für ihre Entscheidung an, die Flüchtlinge zurückzuweisen?

Bericht des US-amerikanischen Konsuls in Havanna zu den europäischen Flüchtlingen auf Kuba, 17.3.1939

(…) Am 7. November 1938 reagierte die kubanische Regierung erneut auf die europäische Flüchtlingssituation, indem sie die Verordnung Nr. 2507 erließ, deren Präambel wie folgt lautet:

„Die Republik Kuba ist dazu berechtigt, diejenigen Eigenschaften der Einwanderer auszuwählen, welche der Entwicklung der Bevölkerung, der Industrie und des Handels am besten entsprechen, wobei jeder Einwanderer als nützlich oder nicht nützlich für unsere Nationalität eingestuft wird.“ (…)

Am 23. Februar veröffentlichte der Generaldirektor der Zuwanderungsbehörde (Director General of Immigration) in den Zeitungen Havannas die folgende Stellungnahme:

„Dass er entschieden dafür ist, die Häfen des Landes für alle Einwanderer zu schließen, die beabsichtigen, auf unser Territorium zu kommen, um mit einheimischen Arbeitskräften bei irgendeiner Art von Arbeit in Konkurrenz zu treten. Die Ankunft von Personen jedweder Nationalität, die beabsichtigen, zu Rivalen unserer Landsleute zu werden, hat er in diesem Zusammenhang weder genehmigt noch wird er dies in Zukunft tun. Er trägt insbesondere Sorge dafür, dass alle von Bord gehenden Personen die einschränkenden Vorgaben der gegenwärtig geltenden Zuwanderungsgesetze erfüllen. Das gilt, sofern ein Antragsteller nicht zuvor unmissverständlich erklärt hat, dass seine Reise hierher einzig und allein erfolgt, um das erforderliche Visum abzuwarten, damit er in die Vereinigten Staaten von Amerika oder in ein anderes Land einreisen kann, in dem er sich dauerhaft niederlassen kann, also mit der rechtlichen Stellung eines ‚Touristen‘.“ (…)

Es hatte eine Diskussion über die Ergebnisse der Konferenz von Évian stattgefunden. Besonders herausgestellt wurden dabei die Äußerungen der Vertreter Großbritanniens, Frankreichs, Belgiens, der Niederlande, Kanadas und der Vereinigten Staaten, dass diese Staaten nicht zur Aufnahme einer großen Zahl europäischer Flüchtlinge bereit seien. Die Association for the Defense of Citizens Rights veröffentlichte daraufhin am 25. Januar 1939 in der Zeitung Diario de la Marina einen ausführlichen Artikel über die Einwanderung nach Kuba. Die folgenden Auszüge sind diesem entnommen:

(…) „Die Nation ist ein Organismus, dessen wirtschaftliche und soziale Erfordernisse einer sorgsamen Überwachung bedürfen. Die Aufnahme einer großen Zahl von Menschen zusätzlich zu denjenigen, deren Aufnahme möglicherweise angebracht ist, ruft große Unruhe hervor und verursacht nicht minder große Schwierigkeiten.  Dementsprechend sollte eine großzügige und unbegrenzte Einwanderungspolitik, wie sie in einigen Ländern unseres Amerikas praktiziert wird, in den Staaten mit geringerer Bevölkerungsdichte auf eine selektivere Variante umgestellt werden.“

Die fortgesetzte Aufnahme jüdischer Flüchtlinge wurde in Leitartikeln sowie im Radio heftig kritisiert. Havannas Zeitungen meldeten daraufhin am 3. Mai, ein führendes Mitglied des US-Repräsentantenhauses habe den Präsidenten zum Erlass einer Verordnung aufgefordert. Diese „sollte die wiederholten Einwanderungen von Hebräern verbieten, die die Republik überschwemmt haben. Ferner sollte sie Genehmigungen untersagen, wie sie für die Einreise solcher Einwanderer nach Kuba ausgestellt werden, bis das Parlament einen Gesetzesvorschlag billigen kann, der schwere Strafen für eine betrügerische Einwanderung vorsieht, die den Gesetzen der Republik Hohn spricht.“

Quelle: State CDF 837.55J/1. Veröffentlicht in: The Holocaust: selected documents in eighteen volumes, volume 7 (Jewish emigration: the S.S. St. Louis affair and other cases) [Der Holocaust: Ausgewählte Dokumente in achtzehn Bänden, Band 7 (Jüdische Emigration: Die Irrfahrt der St. Louis und andere Fälle)], 1982.

Materialien zum Download