StartseiteModul St. LouisPhase 1: Erste Schritte

Phase 1: Erste Schritte

Diese Phase dient als Einstieg in das Modul und zielt darauf ab, die Teilnehmer mithilfe von 5 Exponaten an das Thema heranzuführen und sie erste Fragen formulieren zu lassen. Dieselbe Methode wird zum Abschluss dieser Einheit zur Anwendung kommen.

Anleitung

Die Moderatoren hängen fünf „Exponate“/Elemente an voneinander entfernten Orten im Klassen-/Seminarraum auf:

Exponate

Hintergrund zu den Exponaten

Foto einer Kunstinstallation von Ai Weiwei (Nationalgalerie Prag, 2017)

Ai Weiwei ist ein gegenwärtiger Künstler und Aktivist. Er wurde im August 1957 in Peking als Sohn des chinesischen Dichters Ai Qing geboren, als er ein Jahr alt war, wurde seine Familie ins Exil geschickt und kehrte achte Jahre später nach Peking zurück. Weiwei zog 1981 in die Vereinigten Staaten; 1993, nach zwölf Jahren, kehrte er nach China zurück, aufgrund seines kranken Vaters und gründete seine Kunst fortan dort. Weiweis Kunst spielt oft mit der Beziehung zwischen der modernen Welt und den traditionellen chinesischen Modellen von Kunst, Gedanken und Produktion. Weiwei ist ein Menschenrechtsaktivist und nutzt seine Werke um Themen wie Zensur, Überwachung, Globalisierung und Korruption zu thematisieren. Seine Kritik an der chinesischen Regierung führte zu mehreren öffentlichen Verhaftungen und Festnahmen.

Im März 2017 veröffentliche Weiwei sein bisher größtes Kunststück in der Prager Nationalgalerie. Die Installation mit dem Titel Law of the Journey (Gesetz der Reise), zeigt eine 70 Meter lange aufblasbare Bootsskulptur sowie 258 übergroße Figuren, die Flüchtlinge darstellten, die versuchten das Mittelmeer zu überqueren. Die Installation entstand in einer chinesischen Fabrik, in der auch Schlauchboote hergestellt werden, die tatsächlich von Flüchtlingen benutzt werden. Weiwei hatte in der Vergangenheit bereits mehrere Kunstwerke kreiert, die sich mit der weltweiten Flüchtlingskrise befassen.

Foto aus „Dismaland“, eine von Banksy geschaffene Kunstinstallation (2015)

Banksy ist ein anonymer, in England ansässiger Graffiti-Künstler, politischer Aktivist und Filmregisseur. Er hat in den frühen 1990er Jahren in Bristol, Großbritannien mit seiner Straßenkunst begonnen. Seine Kunst wurde bekannt für seine einzigartige Schablonen-basierte Art von Graffiti, was viele seiner Werke zu weitverbreiteten Beiträgen im Internet machten. Banksys Kunst ist oft satirisch orientiert und kritisiert westliche Politik und Vorstellungen. Während 20 Jahren Tätigkeit hat der Künstler – dessen wahre Identität immer noch unbekannt ist – Straßenkunst auf der ganzen Welt gemalt und hat Filme sowie Installationsprojekte geschaffen.

Im Jahre 2015 kreierte Banksy eine Installation namens Dismaland. Dismaland ist ein „Verwirrungs-Park“ (bemusement park), der vom Künstler als „die enttäuschendste neue Besucherattraktion Großbritanniens“ bezeichnet wurde. Die apokalyptische, grimmige Disneyland-Parodie umfasste Kunstwerke von 58 Künstlern aus aller Welt, die Konsumkultur, Immigrationspolitik, Promikultur und weiteres kritisierten. Eines der Kunstwerke war ein Bootsteich, in dem sich, statt der typischen Vergnügungspark-Motorboote, Miniatur Flüchtlingsboote befanden.

Dismaland stand fünf Wochen während August und September 2015 offen und zog mehr als 150.000 Besucher an. Nach dessen Schließung beschloss Banksy alles an Material, was für die Errichtung der Anlage verwendet wurde, für das Flüchtlingslager Jungle, nahe Calais, Frankreich, für die Schaffung neuer Unterkünftezu spenden.

 

Foto der Bemühungen, die Landung der St. Louis im Hafen von Havanna zu verhindern (1939)

Das Foto vom Juni 1939 zeigt Bemühungen der kubanischen Behörden, die Landung von Passagieren der St. Louis zu verhindern. Die insgesamt 917 jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland hatten keine offiziellen Einreisepapiere. Nachdem der kubanische President Bru am 2. Juni befohlen hatte, dass das Schiff die kubanischen Gewässer zu verlassen habe, trat die St. Louis notgedrungen ihre Rückreise Richtung Hamburg an.

Karikatur von Fred Packer im „New York Daily Mirror“ (1939)

Das einzige Bild, welches die im Stich gelassenen Juden auf simple aber dramatische Art und Weise zusammenfasste, war eine Karikatur, die im New York Daily Mirror am 6. Juni 1939 veröffentlicht wurde, zum Höhepunkt der St. Louis Krise. Von Fred L. Packer gezeichnet zeigt der Cartoon ein kleines Boot, die Worte „Jüdisches Flüchtlingsboot“ steigen aus seinem Schornstein auf, während es an der Freiheitsstatue vorbeisegelt. Am Fuße der Statue stehen die berühmten Worte „Gebt mir eure Müden, gebt mir eure Armen … Schicke die Obdachlosen, vom Sturm getrieben, zu mir“, aber von ihrer erhobenen Fackel hängt ein Schild mit den Worten „Kein Zutritt“. Das Gesicht der Statue ist vom Flüchtlingsboot abgewendet. Der Cartoon steht unter der Überschrift „Beschämt!“ und in einem begleitenden Artikel steht, dass sich die Freiheitsstatue wegdreht, da sie Amerikas Einwanderungspolitik als Schande empfindet.

Fred L. Packer (1886-1956) war ein Amerikanischer Zeichner und politischer Karikaturist. Er erhielt den Pulitzer-Preis für seine Cartoon Beiträge in Zeitungen.

Gedicht „Schiffe segeln“ (“Ships are Sailing“) von Władysław Szlengel (1938)

Władysław Szlengel war ein jüdischer Dichter und zählte vor dem Holocaust zu den berühmtesten Künstlern Warschaus. Szlengel setzte sein Schreiben und seine Auftritte im Ghetto fort, obwohl er Zwangsarbeit in einer Bürstenfabrik leisten musste. Im Ghetto griff er eine Aufführungsform namens „die lebende Zeitung“ wieder auf, die er vor dem Krieg bei Literaturabenden vorgetragen hatte. Während des Aufstands im Warschauer Ghetto entdeckten die Nazis am 8. Mai 1943 sein Versteck. Er wurde zusammen mit seiner Frau und etwa 160 weiteren Juden, die sich dort verborgen hielten, ermordet.

Nach dem Kriegsende wurden an verschiedenen Orten einige von Szlengels Arbeiten entdeckt. Eine Auswahl seiner Gedichte erschien 1977 auf Polnisch und wurde von Halina Birenbaum 1987 ins Hebräische übersetzt. Einige von Szlengels Gedichten wurden ins Deutsche übersetzt und in dem Buch „Ich war das Totenlesen: Gedichte aus dem Warschauer Ghetto“ (Leipzig [u.a.]: Kiepenheuer, 1990) veröffentlicht. Das Gedicht „Es fahren Schiffe“ wurde von Constanze Jaiser und Ewa Runge von der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz ins Deutsche übersetzt.

Die Teilnehmer betreten den Raum, betrachten die verschiedenen Exponate, wählen eines aus und bleiben in dessen Nähe stehen. In den Kleingruppen, die sich bei den jeweiligen Exponaten bilden, diskutieren die Teilnehmer zunächst kurz die Gründe für ihre Auswahl und die ihrer Meinung nach mit diesem Exponat verbundenen Fragen. Diese notieren sie dann für die folgenden Arbeitsschritte.

Übergang zur 2. Phase

Szlengels Gedicht passt perfekt zu den Schilderungen und Bildern, die uns in den letzten Jahren immer wieder in den Medien begegnet sind (vor allem 2015). Es wurde 1938 geschrieben und bezog sich auf deutsche, tschechoslowakische und österreichische Juden, die versuchten aus Nazi-Deutschland zu fliehen, denen jedoch die Einreise in andere Länder verweigert wurde. Einer der bekanntesten und dokumentierten Fälle eines solchen Schiffs, das mit Flüchtlingen an Bord bei verschiedenen Häfen und Grenzen Zugang erhalten wollte jedoch abgewiesen wurde, war die MS St. Louis.

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